Donnerstag, 7. November 2013

Gastbeitrag: E- wie (Kauf-Erlebnis)

Woran denken Sie, wenn Sie „Emotion” lesen? Die meisten werden vielleicht sagen: An etwas Negatives, an emotional unausgeglichene Menschen, Heulsusen, Diven, Temperamentsbolzen, Energievampire, Choleriker. Andere Menschen mit deren Gefühlen – Emotionen – schwer umzugehen ist, wenn sie sie zeigen.

Wie spät ist es gerade, als Sie dies lesen?
Wo befinden Sie sich?
In welcher Rolle?

Würden Sie Emotion anders definieren, wenn Sie selbst nicht im Büro arbeiten, sondern gerade selbst einkaufen? Feierabend haben? Oder Urlaub? Wenn Sie selbst gerade etwas Schönes erleben WOLLEN? Dann sind Sie selber Kunde – nicht mehr Entscheider.

Was wünschen Sie sich als Kunde? Können Sie das eindeutig benennen oder haben Sie sich längst daran gewöhnt, dass das Konsumleben eben so ist wie es ist? Und wenn Sie doch wissen, welches Kauferlebnis Ihnen Freude machen würde, woher sollen Sie wissen, wie das bei anderen Kunden wäre? Man kann doch unmöglich jedem sein Extrawürstel braten!? Schon haben Sie ein Bild von sich selbst am heißen Grill im Kopf, davor eine lange, murrende, stressende Kundenschlange die bis zum Horizont reicht. Und alle wollen irgendein Extrawürstel, Extrasauße, Extratellerchen ... der reine Horror! Bloss keine Emotionen aufkommen lassen!

Faktenbasiertes Marketing scheint da eine sichere Sache zu sein: Reine Fakten, Zahlen, technische Abkürzungen sagen die Wahrheit, sind emotionsfrei und jeder kann selbst erkennen, welche Vorteile er aus dem Produkt ziehen, was er damit alles anstellen kann.

Sie* erkennt auch durchaus, was 16GB HDD und 16GB Flash Speicher Speicherkapazität bedeuten, weil sie* ins Thema eingestiegen ist und die technischen Spezifikationen deuten gelernt hat. Er* hatte dazu bislang weder Zeit noch Lust und will schlicht und einfach wissen, wieviele Bücher, Songs oder Videos er* ungefähr auf sein neues Tablet laden kann, ohne dafür selbst zuerst die Dateigrößen in Bytes umrechnen zu müssen. (*Die Artikel wurden absichtlich „vertauscht“, um Sie um Stolpern zu bringen, gemein, gell?)

Dem einen „sin Uhl“, dem anderen „sin Nachtigal“

Die Erlebnisse beim Kauf ein und desselben (hier: technischen) Produktes können also sehr verschieden aussehen: Wer seine „Hausaufgaben“ gemacht, sich zuvor mit den technischen Daten vertraut, Fachzeitschriften gelesen, Produkttest verglichen und generell Spaß an der akribischen Anschaffungsplanung hat, kann beim Kauf qualifiziert mitreden und freut sich über die eigenen Spezialkenntnisse, die die hart erworbene Kennerschaft belegen und die das Kauferlebnis jetzt bestätigt. Und der Hersteller freut sich über das Interesse und den Respekt der informierten, interessierten Kunden, bei denen er ja quasi nur noch offene Türen einrennt. Alles Supi! So sollen Kunden sein. Sind sie aber nicht!

Denn wer keine Zeit oder Lust auf „Hausaufgaben“ und Fachliteratur wälzen hatte, stattdessen lieber Sport getrieben, ferngesehen, Freunde bekocht oder gefaulenzt hat, muss vor dem Kauf erst einige Übersetzungs-Hürden nehmen und zB die gewünschte Anzahl von Songs, Büchern, Photos, Videos etc. in MB umrechnen und mit der angebotenen Speicherkapazität abgleichen (oder einen Mitarbeiter fragen und das Glück haben, auch eine hilfreiche Antwort zu erhalten und nicht wegen Rechenfaulheit oder offenkundiger Bequemlichkeit verächtlich behandelt zu werden), bevor eine Kaufentscheidung getroffen werden kann. Mehr demnächst: Wie das Laienhirn TechSpecs übersetzt


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